Freitag, 16. November 2012

straflos 5, Total bekloppt


Straflos 

abolitionistische Streitschrift

Nr 5, 2.Quartal 2011

Total bekloppt oder nur ein bißchen verrückt

Ursprünglich hatte ich ja vor, an dieser Stelle auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungs-verwahrung einzugehen. Zum Glück hat Thomas dies in seinem Beitrag auf Seite 2 für mich übernommen. Es wäre mir auch echt schwer gefallen. Schließlich sind die bürgerlichen Gerichte nicht meine Gerichte und die Gesetze die sie anwenden, sind nicht von mir, sondern gegen mich gemacht. Es ist ja schon seltsam, dass sich auch die radikale Linke (wenn's denn mal ernst wird) sich dann auf die Gesetze und "Rechte" unserer Gegner beruft.

Viel interessanter finde ich ja das gesellschaftliche Klima, in dem die ganze Diskussion stattfindet. Machen wir uns nichts vor: die Mehrheit der Bevölkerung plädiert wohl für "Wegsperren für immer", solange das Wegsperren nicht in der eigenen Stadt stattfindet. Für einen Großteil der Linken ist Knast allgemein kein Thema, wenn's nicht grade die eigenen GenossInnen betrifft. Eigentlich ja auch nicht verwunderlich. Schließlich hat sich linke Politik in den letzten Jahrzehnten insgesamt von dem Anspruch einer revolutionären Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse entfernt. Heute geht es eher um Freiräume für die eigene Szene, denn um Revolution. 

Und die politische Klasse?

Am leichtesten haben es wohl die Erzreaktionäre. Menschenrechtsgerichtshof hin, Verfassungsgericht her - der bayr. Innenminister brachte es auf den Punkt: "Wir lassen keinen raus, den wir nicht rauslassen wollen". Wozu hat mann denn schließlich die Macht?
Etwas schwieriger ist es da für die Bürgerlich-Liberalen. Zwar ist man sich mit der CSU im Ziel weitgehend einig, aber es soll zumindest ein bisschen rechtsstaatlicher Schein gewahrt bleiben. So erfand man das sogenannte Therapieunterbringungsgesetz. Klingt gut- oder? Therapie und Unterbringung, das klingt doch besser als Knast und "Wegsperren für immer". Oder etwa nicht?

Das sogenannte Therapieunterbringungsgesetz ist schon eine geniale Erfindung. Es dient einzig dazu Menschen einzusperren, die man eigentlich nicht einsperren dürfte. (Sorry, natürlich darf aus unserer Sicht niemand eingesperrt werden. Aber jetzt lasse ich mich eben doch kurz auf die Absurditäten des bürgerlichen Rechts ein). Was sind das für Menschen, die nach diesem neuen Gesetz eingesperrt werden sollen? 

Also, sie müssen ihre Strafe schon vollständig verbüßt haben. Sie dürfen nicht gefährlich sein, sonst müssten sie ja in der SV bleiben. Wobei, ein bisschen gefährlich sollten sie schon noch sein. Sie dürfen nicht psychisch krank sein, sonst kämen sie ja in die forensische Psychiatrie. Aber ein bisschen psychisch gestört sollten sie schon sein, sonst könnte man sie ja nicht "therapieren". Eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums meinte, dass da nur Wenige betroffen seien. Kein Wunder bei den Anforderungen. Das wirkt ja wie die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau.
In NRW wird dieser Wahnsinn bereits in Stein gehauen. Der ehemalige Knast in Oberhausen wird "therapie-gerecht" umgebaut. Es soll ja schließlich kein Knast sein. Also wird zunächst einmal die Knastmauer erhöht, neue Gitter aus besonderem Stahl eingebaut und eine umfassende Kameraüberwachung installiert. Die Bauarbeiten sind wohl jetzt kurz vor der Fertigstellung, so dass bald die ersten "Patienten" einziehen können. Dort entstehen 80 Haftplätze (sorry, ich meine natürlich Therapieplätze). Bis zum Jahresende sollen ja in NRW bis zu 70 sogenannte Altfälle unter den Sicherungsverwahrten bezüglich einer möglichen Entlassung überprüft werden. Obwohl alle sagen, dass nur ein kleiner Teil von ihnen nach diesem Therapieunterbringungsgesetz weiter eingeknastet werden soll, wird also für möglicherweise 10-20 Leute ein Knast mit 80 Plätzen gebaut. 

Naja, ich mach mir da wenig Sorgen. Leere Knastzellen vollzukriegen ist eine der leichtesten Übungen für herrschende Politik. Aber es gibt auch gute Nachrichten. Nach zwei Jahren soll das Ding eh wieder geschlossen werden. Ein Erfolg der örtlichen Bürgerwehr. Die hat zwar kein Problem damit, die Leute den Rest ihres Lebens wegzusperren - aber doch bitte nicht im schönen Oberhausen. Es gibt doch genug Käffer am Arsch der Welt, wo dann auch noch ein Großteil der Dorfbevölkerung als Schließer arbeiten kann. Bleibt abzuwarten in welchem Kaff in NRW nach den 2 Jahren gebaut wird. Wir bitten die Bevölkerung um Mithilfe. Teilt es uns mit, wenn ihr was Entsprechendes hört.
                          Gerhard, AKP, Köln
aus straflos 5

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